
Tiere und andere Menschen
Tiere und andere Menschen
AT 2017, 88 min, R: Flavio Marchetti, K: Michael Schindegger
Blick auf die Beziehung zwischen Mensch und Tier wirft.
In einem Wechselspiel von Nähe und Distanz erzählt der Dokumentarfilm TIERE UND ANDERE MENSCHEN über die gegenwärtige Beziehung zwischen Mensch und Tier. Das Wiener Tierschutzhaus – als zweitältestes Tierheim Europas aktiv seit 170 Jahren – beherbergt täglich 1.000 tierische Schützlinge, von ausgesetzten Haustieren, konfiszierten Exoten bis zu Wildtieren, die aus ihrem natürlichen Lebensraum verdrängt wurden. Trotz allem aber ist es ein Ort voller Hoffnung und Engagement, der den Rahmen für eine Vielzahl an miteinander verknüpften Geschichten bildet. Unmittelbar, ohne wertenden Kommentar begleitet Regisseur Flavio Marchetti die ÄrztInnen und PflegerInnen bei ihrem täglichen Bemühen, verletzte und verstoßene Tiere artgerecht zu versorgen, zu operieren und aufzupäppeln, an ein liebevolleres Heim zu vermitteln oder wieder auszuwildern. Es sind beklemmende wie humorvolle Begegnungen zwischen Mensch und Tier: Steckbriefe, die wie Dating-Profile Auskunft über die Charaktereigenschaften der Tiere geben, eine Pflegerin, die einem Kakadu aus einem Kinderbuch vorliest, oder Schimpansin Rosi, die zaghaft ihre Hand durch das Gitter streckt. Auf Augenhöhe mit der Kamera ist man versucht, in den entwaffnenden Blicken der Tiere menschliche Wesenszüge zu erkennen. »Sämtliche Tiere reden mit uns. Das Problem ist: Wir verstehen sie nicht«, sagt eine Zoologin des Tierschutzhauses. Der Film ist aber mehr als das Porträt einer Institution: TIERE UND ANDERE MENSCHEN ist ein Sinnbild für das Mitgefühl als moralischer Wert einer Gesellschaft.
AUS EINEM INTERVIEW
MIT DEM REGISSEUR:
Wie nähert man sich diesem Thema und vor allem seinen Protagonisten an?
Man braucht viel Zeit und Geduld, damit man Vertrauen für den späteren Dreh aufbaut. Wir haben relativ viel Zeit ohne Kamera im Tierschutzhaus verbracht, um die Tiere, aber auch die Menschen besser kennenzulernen (damals gab es über 100 MitarbeiterInnen und hunderte von Tieren). Diese Zeit war aber nicht nur wichtig für eine örtliche, sondern auch für eine thematische Orientierung: Jedes Tierheim birgt einen hochkomplexen Kosmos voller Themen wie Geburt und Tod, aber auch Freiheit und Gefangenschaft, Rechte und Pflichten, Verantwortung und Fahrlässigkeit.
Was unterscheidet den Dreh mit (oder über) Tiere(n) von dem mit (oder über) Menschen?
Die Dreharbeiten mit den Tieren waren Tag für Tag eine große Herausforderung. Ein Tier schaut gerne in die Kamera, bellt Richtung Mikro und entwischt schnell, wenn anderswo etwas Interessanteres passiert. Einerseits haben wir viel mit der Technik experimentiert und je nach Tier und Drehort das passende Equipment zusammengestellt, anderseits haben wir mit manchen Tieren viel Zeit verbracht. So haben sie uns, die Kamera und die Mikrofone irgendwann einfach ignoriert. Wir hatten auch immer eine klare Vereinbarung mit den PflegerInnen: Es wird nur gedreht, wenn die Tiere dadurch keinem zusätzlichen Stress ausgesetzt werden und auch nur, so lange sie mitmachen. Viele PflegerInnen haben sich uns erst geöffnet, als sie gesehen haben, dass wir uns an diese Abmachung halten und den Tieren mit Respekt und Behutsamkeit gegenübertreten.
