Eine intime Reise voller Hoffnung, Rebellion und Gewalt beginnt, in deren Verlauf Tradition, Generationskonflikte und Schwesternschaft beobachtet und die Fundamente unserer Gesellschaft hinterfragt werden.
OLFAS TÖCHTER der tunesischen Filmemacherin Kaouther Ben Hania erzählt von ihrer Landsfrau Olfa Hamrouni, die im April 2016 internationale Bekanntheit erlangte, als sie die Radikalisierung ihrer beiden Töchter im Teenageralter, die die Familie verlassen hatten, um bei der Terrororganisation IS zu kämpfen, publik machte.
Olfas komplexe Familiengeschichte wird durch intime Interviews und
Nachinszenierungen dargestellt, hierbei verkörpert der ägyptisch-tunesische Schauspielstar Hend Sabri die Rolle der Olfa mit großer Eindringlichkeit und
Sensibilität. Die „echte“ Olfa tritt auch immer wieder in das Geschehen ein und spielt einige Szenen selbst. Ihre beiden jüngeren Töchter Eya und Tayssir stellen sich selbst und die Schauspielerinnen Ichraq Matar und Nour Karoui die beiden verschwundenen älteren Töchter Ghofrane und Rahma dar.
Kaouther Ben Hania nimmt mit ihrer zurückhaltend-eleganten Regieführung in OLFAS TÖCHTER die Rolle als sensible wie kraftvolle Porträtistin eines besonderen Ereignisses ihrer Landesgeschichte an. Die intensiv inszenierte Suche Olfas nach den Motiven des Verschwindens ihrer Töchter spiegelt die Dimensionen einer tief verwurzelten Wahrnehmung von Frauen in der Historie Tunesiens und die patriarchalen Machtstrukturen dieses Landes wider.
Die kammerspielartige Intimität des Films, dessen Geschehen in nur wenigen Räumen stattfindet, macht ihn zu einem filmischen Dokument von besonderer Bedeutung. In einem Strom aus vergangenen Ereignissen und erlebten Traumata, oftmals verursacht durch Gewalt und männliches Verhalten, wird der Zusammenhalt der Mutter und ihrer beiden übrigen Töchter zum Rettungsanker.
OLFAS TÖCHTER wirft Fragen auf über die Natur der Erinnerung, das Gewicht eines vererbten Traumas und die Bande, die Mutter und Töchter verbinden. Mit seinem weiblichen Blick auf das Patriarchat und dessen Einflüsse wirkt der Film zeitlos und stark.
Spielzeiten und Tickets
FR 2023, 107 min, Arabisch OmU, R: Kaouther Ben Hania, B: Kaouther Ben Hania, K: Farouk Laaridh, S: Jean-Christophe Hym, D: Hend Sabry, Nour Karoui, Ichraq Matar, Majd Mastoura, Olfa Hamrouni, Eya Chikahoui