Tagsüber arbeitet Driver als Stuntman für Hollywood. Reine Routine. Erst nachts erwacht der wortkarge Einzelgänger zum Leben, als Fahrer von Fluchtfahrzeugen bewaffneter Einbrüche. Keiner kann ihn schnappen, keiner kann ihm das Wasser reichen. Dann lernt Driver seine neue Nachbarin Irene kennen – und verliebt sich in die alleinerziehende Mutter.
Als Irenes Ehemann Standard aus dem Knast entlassen wird, lässt sich Driver zu einem vermeintlich todsicheren Ding überreden…
Das Kino von Walter Hill und Michael Mann, Filme wie LEBEN UND STERBEN IN L.A. und DER EINZELGÄNGER werden eindringlich in Erinnerung gerufen in der ersten großen Hollywoodproduktion des dänischen Regiewunderkinds Nicolas Winding Refn. Es ist ein kühler, unendlich faszinierender und hypnotisierender Film geworden, eine Reise buchstäblich ans Ende der Nacht, ein L.A.-Neo-Noir, vorangetrieben von einem pumpenden Eurosynth-Soundtrack, seinem lakonischen, zupackenden Ton und einer herausragenden Besetzung. Entstanden ist ein mit großem Stilwillen realisiertes Krimimärchen, dessen namenloser Held – er wird einfach „Driver“ genannt und von Ryan Gosling als Steve McQueen mit Poker- und Babyface gespielt – ein einsamer Wolf mit einem ganz eigenen Ehrenkodex ist. Driver erinnert an die Hauptfiguren von Refns vorangegangenen Filmen BRONSON und WALHALLA RISING, die den 41-jährigen Regisseur ganz nach oben in der Riege der jungen Wilden katapultierten. Während diese knorrigen Kerle sich jedoch in archaischen Machoritualen ergingen, ist Driver gezwungen, als erster Refn-Hero die Deckung aufzugeben: Er wickelt seine Arbeit – tagsüber als Stuntman für Hollywood und nachts als Fahrer für die Mafia – mit unbeteiligter Präzision ab, verliebt sich dann jedoch in seine Nachbarin. Diese Liebe ist es, die Driver befreit, aber schließlich auch seinen Niedergang herbeiführt: Um sie zu retten, beteiligt er sich an einem riskanten Raubzug, der prompt schiefgeht und ihn auf einmal auf einen Kollisionskurs mit denen schickt, die eigentlich seine Auftraggeber sind. In einer jetzt schon legendären – und in Cannes mit Applaus bedachten – Szene in einem Fahrstuhl liegen heiße Küsse und exzessive Ultragewalt so nahe beisammen, wie man es seit WILD AT HEART nicht mehr erlebt hat. Und doch verliert DRIVE nie den Boden unter den Füßen oder gar die Kontrolle übers Lenkrad. Refn – der selbst keinen Führerschein besitzt – steuert seinen Film mit der Übersicht eines Schachspielers durch sein Plotlabyrinth, bis hin zum intensiven Showdown. Auf dem Weg wird das Kino mit originellen Verfolgungsjagden und eindringlichen Bildern zelebriert, die einem Augen und Herz übergehen lassen. Mit Bleifuß rast DRIVE zum ewigen Kultstatus.
„Driver steht den Hauptfiguren meiner Filme BRONSON und WALHALLA RISING ungeheuer nahe. Diese überlebensgroßen, ambivalent gottgleichen Figuren. Ich bin sehr an der Schattenseite des Heldentums interessiert. Ich finde es spannend, wie dieser unaufhaltsame Antrieb und die rechtschaffene Einhaltung eines Kodex, der jeden normalen Menschen überfordern würde, sich als etwas manifestieren können, das ich als absolut psychotisch beschreiben würde.“ – Nicolas Winding Refn (Regie)
„Ryan Gosling liefert mit der Darstellung seiner undurchdringlich wirkenden Figur eine erstklassige Leistung ab. Weil der Film gerade in seinem Fall auf viele Worte verzichtet, kommt seinem Mienenspiel und seinen Blicken eine besondere Bedeutung zu. Dass er wie ein moderner Samurai agiert, lässt auch an Alain Delons Rolle in DER EISKALTE ENGEL denken. Die Zeit hat Melvilles Klassiker von 1968 als „Gangsterfilm, in dem nicht Oberflächenreize und das Temperament des Melodrams herrschen, sondern die Kühle der Parabel und die Strenge konsequenter Gedanken“ bezeichnet. Diese Beschreibung ließe sich heute auch auf DRIVE münzen.” – programmkino.de
Filmografie von Nicolas Winding Refn (Regie, Auswahl)
2003 Fear x
2008 Bronson
2009 Walhalla Rising
2011 Drive
Cannes 2011: Beste Regie
Spielzeiten und Tickets
US 2011, 101 min, R: Nicolas Winding Refn, B: Hossein Amini, nach dem Roman von James Sallis, K: Newton Thomas Sigel, S: , D: Ryan Gosling, Carey Mulligan, Bryan Cranston, Albert Brooks, Oscar Isaac, Christina Hendricks