
Wackersdorf
Wackersdorf
DE 2018, 123 min, R: Oliver Haffner, K: Kaspar Kaven, D: Johannes Zeiler, Anna Maria Sturm, Peter Jordan, Florian Brückner, Johannes Herrschmann, Fabian Hinrichs
Die Geschichte über den geplanten Bau der Wiederaufbereitungsanlage und den Protest der Bürger dagegen, als packendes Polit-Drama inszeniert.
Oberpfalz, 1980er Jahre: Die Arbeitslosenzahlen steigen, und der Landrat Hans Schuierer steht unter Druck, Perspektiven für die Bevölkerung zu schaffen. Da erscheinen ihm die Pläne der bayerischen Staatsregierung wie ein Geschenk: In der beschaulichen Gemeinde Wackersdorf soll eine atomare Wiederaufbereitungsanlage (WAA) gebaut werden, die wirtschaftlichen Aufschwung für die ganze Region verspricht. Doch als der Freistaat ohne rechtliche Grundlage mit Gewalt gegen Proteste einer Bürgerinitiative vorgeht, die sich für den Erhalt der Natur in ihrer Heimat einsetzt, steigen in Schuierer Zweifel auf. Vielleicht ist die Anlage doch nicht so harmlos wie behauptet? Er beginnt nachzuforschen und legt sich mit der mächtigen Strauß-Regierung an.
WACKERSDORF ist ein packendes Polit-Drama über die Hintergründe, die zu dem legendären Protest gegen den Bau der WAA in der Oberpfalz führten. Johannes Zeiler spielt den Lokalpolitiker Hans Schuierer, der seine Karriere und seine Zukunft aufs Spiel setzte, weil er kompromisslos für Recht und Gerechtigkeit kämpfte. An Originalschauplätzen im Landkreis Schwandorf gedreht, verfolgt der Film die Geburtsstunde der zivilen Widerstandsbewegung in der BRD. Ein Plädoyer für demokratische Werte und Bürgerengagement, heute so aktuell wie damals.
PRODUKTIONSNOTIZEN
Als Oliver Haffner mit der Idee auf mich zukam, einen Film über Wackersdorf zu planen, rannte er bei mir offene Türen ein. Ein Film über rebellierende Untertanen, über die große Geschichte in der vernachlässigten Provinz (aus der ich noch dazu stamme) – und vor allem über die achtziger Jahre, heute zu unserer Verwunderung oft verklärt als Epoche, in der es noch echte Politiker-Typen gab. Der NATO-Doppelbeschluss, der ausklingende Radikalen-Erlass, speziell in Bayern eine Regierung, deren Ministerpräsident Künstler und Intellektuelle als »Ratten und Schmeißfliegen« bezeichnete und deren Parteigänger Aidskranke kasernieren lassen wollten – war da nicht was? Aber wie diesen großen Stoff angehen? Viele haben ihr Wackersdorf-Erlebnis im Kopf und manche in den Knochen. Wer Wackersdorf hört, denkt an Schlachtenbilder mit Wasserwerfern, Autonomen und Hundertschaften Polizei. Das erachteten wir weder als herstellbar noch als abendfüllend. Deswegen war die Frage: Wie kam es zu so einer Wut auf die Politik (und die von ihr instrumentalisierte Polizei)? Dazu mussten wir tiefer bohren. Filmische Vorbilder waren kaum greifbar. Zeitgeschichtliche Stoffe kommen im Kino jenseits von Nazis, Stasi und RAF praktisch nicht vor, schon gar nicht im bayerischen. »Eine Liebe am Bauzaun« – erfolgreiches Strickmuster manches Event-TV-Films – kam nicht in Frage. Wir erinnerten uns an den unbeugsamen Landrat Schuierer, nach dem sogar ein Gesetz benannt wurde. Anders als mit der Entmachtung des gewählten Landrats wusste sich die bayerische Staatsregierung nicht zu helfen. Aus der Fülle des epischen Stoffes – immerhin reicht die wahre Geschichte vom Anfang der achtziger Jahre bis 1989 – musste eine fokussierte und eben gar nicht chronikhafte Story kondensiert werden. Keine Rekonstruktion, sondern Fiktion, die das Politische im Alltäglichen findet und dabei konkret und genau ist. Gernot Krää und Oliver Haffner haben hier Großes geleistet – und es ist kein Wunder, dass die Stoffentwicklung mehrere Jahre dauerte.
