
The Forgotten Space
The Forgotten Space
NL/AT 2010, 112 min, R: Allan Sekula, Noël Burch, K: Attila Boa, Wolfgang Thaler, D: Erzählerin: Nina Hagen
Wer das Meer beherrscht, ruiniert die Welt! Der berühmte amerikanische Fotograf und Filmemacher Allan Sekula und sein Senior-Partner Noël Burch zeigen, dass das Meer nach wie vor die ökonomische Basis für die Globalisierung von Warenverkehr und Arbeit ist.
Die zweite Staffel der US-amerikanischen TV-Serie »The Wire« zeigt eindrucksvoll, welches Grauen sich hinter standardisierten Metallschachteln des Welthandels verbergen kann. In einem Container im Hafen von Baltimore werden die Leichen von eingeschmuggelten osteuropäischen Frauen entdeckt. Für die Auftraggeber waren sie nicht mehr als eine neue Ladung Frischfleisch für den Prostitutionsmarkt, deren Existenz es nun zu vertuschen gilt. Der Container, erfunden in den 1950-er Jahren, hat binnen weniger Jahrzehnte die Logistik revolutioniert. Er ist allgegenwärtig und zugleich in seiner durch die jeweilige Fracht bestimmten Bedeutung unzugänglich. Es liegt daher nahe, dieses globale Symbol der Intransparenz mit Deutungen aufzuladen, die dem Objekt ursprünglich nicht zukommen – den Container also zum Fetisch zu machen. Der Künstler und Filmemacher Alan Sekula, der seit den 1990-er Jahren in ausladenden Projekten die Funktionsweisen und Auswirkungen der maritimen Handelsabläufe und ihrer Verzweigungen am Land untersucht, hat sich gemeinsam mit dem Filmtheoretiker Noël Burch auf ein ambivalentes Unternehmen eingelassen. In ihrem Filmessay THE FORGOTTEN SPACE wollen sie vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise seit 2008 dem Container seine Maske herunterreißen und ihn als „trojanisches Pferd“ eines (so hofft es zumindest der Kommentar) durch seinen Expansionszwang zu einem zwangsläufigen Ende verdammten Wirtschaftssystems entlarven.
__ Ein epischer Film, der gleichzeitig eine dringend notwendige Analyse der verrückten Auswirkungen des globalen Kapitalismus ist. THE FORGOTTEN SPACE ist ein Musterbeispiel des essayistischen, politischen Kinos. Der Film erschafft ein visuell beeindruckendes Mosaik aus großartigen Bildern und literarischer Sprache.
– Begründung der Jury,
Filmfestspiele Venedig
